Proposal

PAUSE, 20.12. 2012

Master-Thesis Projekt Variante A

A)  Beschreibung des Projektes 1. Ausgangslage: Abstract im Rahmen von 500 Zeichen zur Thesis (Begründung, Motivation, Ziele) Die konfliktträchtige Situation von gesellschaftlich stark leistungsgebundenen Wertvorstellungen einerseits und wachsender Freiheit im Zeitmanagement anderseits überfordert viele Menschen. Mehr Bewusstsein im Umgang mit unserem kostbarsten Gut „Zeit“ und ihrer Wahrnehmung würde uns helfen, die erlebte Qualität unserer Zeit zu steigern.

An diesem vielschichtigen Problem interessiert mich die Frage, wie ich als Produktedesignerin realen (Nutzungs)Bedürfnissen in einem handfesten Produkt für Pausen gerecht werden kann, und wie dieses zugleich Reflexionsobjekt für komplexe Themen wie Zeit, Pausen etc. werden kann.

 

2. Detaillierte Beschreibung des Projektvorhabens:

2.1. Themenfeld/Thematische Verortung im aktuellen Diskurs

Früher haben Kirche, Staat und Gesellschaft unsere Zeit zu einem grossen Teil strukturiert. Heutzutage sind wir für unser Zeitmanagement immer mehr selbst verantwortlich. Im Spannungsfeld von persönlichen Interessen und Wertvorstellungen der Konsum- und Leistungsgesellschaft ist dies bisweilen eine schwierige Aufgabe. Steigender Leistungsdruck, Präsentismus (Arbeitseinsatz trotz Krankheit) und durchweg aktive Tagesabläufe gehören zum Alltag vieler Menschen. Als Ausgleich gibt es unzählige Angebote zur Gestaltung der Freizeit oder Power-Naps, die unsere Work-Life-Balance erhalten sollen und uns damit vor einem Burn-Out bewahren. Alles ist auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet.

Fortschrittliche Arbeitgeber bemühen sich um die Umsetzung arbeitspsychologischer Erkenntnisse, nach denen Wertschätzung und Selbstbestimmung von Angestellten einen hohen Einfluss auf deren erfolgreiche Beanspruchungs-Erholungs-Zyklen haben.

Dies zeigt ein Beispiel meiner Shadowing-Recherche in der Abteilung Human Ressources bei der Swisscom: Während die Angestellten Aussagen machen wie: „Wir versprechen, wir werden auf allen Ebenen Vollgas geben!“, sagt der Manager: „Wir wollen eine Leistungskultur!“ und thematisiert die Autorisierung von Führungspersonen zur Vergabe personifizierter Boni an Untergebene als Wertschätzung von Leistungen. Über den Manager bemerkte jemand: „Er macht überhaupt keine Pausen“ und dann zu ihm: „Das ist natürlich ein Kompliment!“ Mit Ausnahme weniger Betriebsbereiche teilen die Angestellten ihre Arbeitszeit selbst ein und dürfen auch „home office“ machen. Arbeiten sie im (Grossraum-)Büro, steht ihnen über Mittag ein breites Angebot an Sport-Kursen zur Verfügung.

Diese Beobachtungen bestätigen im Einzelfall Befunde aus der Literatur zum aktuellen Diskurs wie beispielsweise: N. K. Semmer, S. Grebner, A. Elfering:„Psychische Kosten von Arbeit“, In: U. Kleinbeck, H-U. Schmitt (Hg.): Enzyklopädie Psychologie, Hogrefe, Göttingen 2010, S. 325 ff. oder: Norbert K. Semmer, M. U. Kottwitz: „Auswirkungen von Freizeit auf Gesundheit und Produktivitat“, Gutachten zuhanden des Bundesamts für Justiz, Universitat Bern Institut fur Psychologie, Bern August 2011.

2.2 Fragestellung/These

Es gibt Funktionen von Pausen (Information/ Vermittlung/ persönliche Bedürfnisse wie Hygiene, Ernährung und soziale Kontakte), für deren Befriedigung nebst der Dauer und Häufigkeit der Pausen auch ihre (erlebte) Qualität und das Bewusstsein (Rituale, Definition) eine grosse Rolle spielen. Deshalb soll ein Objekt oder eine Kollektion handfester Gegenstände entwickelt werden, welche(s) einer Gruppe von Menschen hilft, ihre pausenbezogenen Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei stellt sich die Frage, wie ein solches Produkt beschaffen sein muss, um auch Bewusstsein und Wertschätzung der (Pausen-)Zeit zu fördern.

2.3. Vorgehen

2.3.1 Recherche-Phase

In einer ersten Phase sollen sprachliche Zusammenhänge und Bezüge aus der Kunst (vor allem Musik und Performancekunst) ergründet werden. Um einen möglichst präzisen Einblick in verschiedene Arten von Zeitmanagement und verschiedene Definitionen von „Pause“ zu erhalten, sollen beispielhaft Experten befragt und „Extreme-User“ genauer betrachtet werden.

Weiter soll die Lektüre von Artikeln zu verwandten Themen wie beispielsweise zu Ritualen, Arbeitslosigkeit, Passion, Gebet etc. aus der Tagespresse, Fachliteratur und Standardwerken helfen, das Themengebiet aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Selbstbeobachtung, Fragebogen und zahlreiche Gespräche sollen helfen, Arbeitsthesen zu verifizieren und zu falsifizieren.

Gegen Ende dieser Phase bilden sich „Clusters“ und „Patterns“, aus welchen Skizzen und Szenarien sowie Konzept-Ansätze entstehen sollen und mittels grafischen Darstellungen anschaulich gemacht werden.

Die Recherche dokumentiere ich mit einer blogartigen Internetseite. Darin soll – mittels einem mindmap-artigen Überblick – zwischen den verschiedenen Kategorien nach Möglichkeit auch in Querverbindungen zwischen einzelnen Artikeln navigiert werden können. Von dieser Darstellungsform erhoffe ich mir eine möglichst realitätsnahe Darstellung dieses komplexen und vernetzten Prozesses.

In der schriftlichen Arbeit möchte ich die Erfahrungen aus der Recherche in Bezug mit den designtheoretischen Ansätzen von den „Wicked Problems“ (Richard Buchanan, 1992; Forschungsdiskurs) und „Design Thinking“ (aktueller methodischer Ansatz; Forschungspraxis) setzen und mit einer kurzen Diskussion abschliessen.

2.3.2 Produktentwicklung

In dieser Phase werde ich zu den verschiedenen Konzepten anhand von Skizzen und möglicherweise konkreteren Recherchen zu bestehenden Objekten, Materialien etc. Objektideen entwickeln und gegebenenfalls Modelle dazu bauen. Diese möchte ich in verschiedenen Zusammenhängen, d.h. mit verschiedenen Zielgruppen, in unterschiedlichen Situationen und an diversen Orten testen und den Erkenntnissen entsprechend weiter entwickeln.

Die Kontaktaufnahme mit potenziellen strategischen Partnern wird die Schwerpunkte in dieser Phase möglicherweise mit beeinflussen.

Das Ziel ist, eine kohärente Kollektion von Objekten zusammen zu stellen und in einem Konzept zusammenzufassen.

Dieser Prozess soll mit Bild-Dokumentationen, Kurzbeschreibungen und Referenzlinks in den bestehenden Blog eingeflochten werden.

2.3.3 Präsentation des Entwurfs

Hier geht es um eine bewusste Inszenierung des Endresultates: Die Objekte sollen 1:1 und weitmöglichst funktionstüchtig hergestellt, Poster und möglicherweise auch Begleitbroschüren gelayoutet und gedruckt werden. Auch soll genügend Zeit zum Planen und Üben der Abläufe der Argumentation und Präsentation zur Verfügung stehen.

Während der Blog den Prozess dokumentiert, sind die Outputs dieser letzten Phase die schlussendlich präsentierten Endprodukte als Modelle, Print und Inszenierung.

  • Formulieren einer möglichen Forschungsfrage im Kontext der eigenen Master-Thesis.

(aktuelle Forschungsfrage, die sich aber mit der Definition des Konzepts weiterentwickelt wird)

Wie kann ein Designobjekt, resp. Designprozess, der Komplexität einer Problemstellung möglichst umfassend gerecht werden? Und: Inwieweit kann eine komplexe Grundproblematik wie ‚Zeit’ am Gegenstand lesbar gemacht werden.

  • Bezug der eigenen Forschungsfrage im Rahmen der Master-Thesis zu zwei bis drei aus der Lehre bekannten Ansätzen der Forschungspraxis bzw. Positionen im Forschungsdiskurs.

Welche Aspekte und Methoden des „Design Thinking“ wurden angewandt und mit welchem Output?

Inwiefern trifft die Bezeichnung als „Wicked Problem“ auf das Thema Pause zu?

  • Reflexion des eigenen Designprozesses, eigenständige bewusste Steuerung von Kreativität, Bewertung und Entscheidung.

Als erstes Auffangbecken aller Ideen, Einfälle, Anregungen und Referenzen und meinen persönlichen Notizen zu Problemen und Fragestellungen führe ich ein Design-Tagebuch, das ich immer dabei habe und welches wie ein erster Filter wirkt. Denn Ansätze, die ich interessant finde, führen zu weiteren Recherchen, Lektüren, direkten Kontaktaufnahmen und Skizzen. Falls diese Erkenntnisse weiter von Interesse sind, werden sie im Blog dokumentiert.

Im Austausch mit meinen Mentoren und im studentischen Kolloquium (Austauschgruppe am Masterstudio zwischen Designern aus unterschiedlichen Disziplinen), aber auch in Kontakten mit verschiedensten Leuten ausserhalb des Studiums reflektiere ich mein Vorgehen.

Als Reflexionsmittel des Designprozesses arbeite ich mit einem Zeitplan, welcher mir Aufschluss gibt über den Rahmen und die Gewichtung der Teilschritte.

  • Bewusstsein über das eigene Prozessverständnis im Kontext von Disziplinen bzw. Designdisziplinen. Gegebenenfalls Experimente mit bestimmten Entwurfsmethoden.

Vor dem Hintergrund meiner vielseitigen Interessen und Hobbies, meiner bisherigen Designtätigkeiten (selbständig, zu zweit und im interdisziplinären Team) und meiner Mentorenwahl zeigt sich meine Ausrichtung als facettenreiche Herangehensweise an eine komplexe Problemstellung mit sozialen Aspekten, welche dem Design-Thinking nahe ist.

Prägende persönliche Erfahrungen und philosophische Interessen provozieren aber auch eine tiefgründigere Auseinandersetzung und eine möglicherweise weniger lineare Vorgehensweise.

Im Rahmen der Maserthesis habe ich mein offenes und universelles Thema sehr bewusst gewählt und mich auf das Abenteuer „komplexe Fragestellung“ eingelassen; das ist zwar gewagt und nicht immer einfach, aber spannend und lehrreich.

 

 

B) Bezug zu einer Vertiefung Das hier gewählte Conceptual Design nimmt im theoretischen Teil der Thesis Bezug auf die Konzeption eines Inhaltes in einem komplexen Themenfeld.

 

C) Format der Projektabgabe

Zwischenbesprechung 24.4.2013

• Blog, Skizzen, Prototypen, Versuchsreihe, ergänzende TexteSchlussabgabe praktische Arbeit

• funktionstüchtiges Modell 1:1 / Kollektion

Pläne (Konstruktion), Booklet und Poster (Präsentation)

• Dokumentation des Prozesses: Blog, Skizzenbuch und Prototypen

• Abgabe theoretische Arbeit: ausgedruckte Form der Beschreibung und Schlussfolgerung der Recherchephase

 

D) Zusammenarbeit Nach Möglichkeit binde ich im Verlauf der Arbeit strategische Partner ein (Suva, Gewerkschaften, Verein zur Verzögerung der Zeit, …).

 

E) Anforderungen, Rahmenbedingungen Spezieller Bedarf an Sachmitteln, Technik, Finanzen? Aktuell nicht bekannt, nicht erwartet.

 

F) Mentorat Entwurf:- Prof. Werner Baumhakl, Institutsleiter Industrial Design HGK, FHNWLukas Scherrer, Shibuleru (Praktikum) und ehem. Senior Designer Ideotheoretisch-reflexive Arbeit:Prof. Dr. Claude Enderle, Kunsthistoriker und Innenarchitekt , Dozent für Theorie am Institut Industrial Design

 

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